Stellungnahme Anhörung Klimaschutz
Stellungnahme zur schriftlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie und Landesplanung (A 18) zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen "Sofortprogramm Klimaschutz in Landesverwaltung und Kommunen jetzt auf den Weg bringen: Für Wachstum, Beschäftigung und Umwelt" (Drs. 17/9349)
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
HANDWERK.NRW bedankt sich für die Möglichkeit, zu dem Antrag "Sofortprogramm Klimaschutz in Landesverwaltung und Kommunen jetzt auf den Weg bringen: Für Wachstum, Beschäftigung und Umwelt" eine Stellungnahme abgeben zu dürfen.
Mit dem vorliegenden Antrag von Bündnis 90/Die Grünen werden Maßnahmen beschrieben, die die konjunkturelle Belebung der Wirtschaft nach dem Corona-Lockdown mit Ausrichtung auf Klimaschutz und diesbezügliche Transformationsprozesse befördern sollen. Mit diesem "Sofortprogramm Klimaschutz in Landesverwaltung und Kommunen" sollen sich Landesverwaltungen und Kommunen selbst in die Pflicht nehmen, aufgestaute Investitionsentscheidungen im Bereich Klimaschutz zu treffen und durch öffentliche Aufträge die regionale und lokale Wirtschaft zu beleben. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen, denn notwendige finanzielle Impulse der öffentlichen Hand sollten gerade in der aktuellen Lage einen gesellschaftlichen Mehrfachnutzen bewirken.
Öffentliche Aufträge können in der aktuellen Situation einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilisierung leisten. Allein das Bauhandwerk, das je nach Kriterium rund 70 Prozent der gesamten Bauwirtschaft ausmacht, leidet akut unter einem starken Rückgang der Auftragseingänge, besonders ausgeprägt im Wirtschaftshochbau und im Wohnungsbau. Öffentliche Aufträge bewegen sich bisher allenfalls auf Vorjahresniveau. Viele Betriebe setzen auf einen Investitionshochlauf für die Verkehrsinfrastruktur. Insbesondere der kommunale Verkehrsbau benötigt Impulse, damit Schlüsselprojekte wie der Bau von Rampen, Brücken und Unterführungen bewältigt werden können. Im Bereich der energetischen Sanierungen sollten geplante Maßnahmen soweit wie möglich vorgezogen und umgehend ausgeschrieben werden. Die Ausschreibung weiterer Projekte auf Basis von liegenschaftsbezogenen Sanierungsfahrplänen muss mit Hochdruck vorbereitet werden, damit mittelfristig in allen landeseigenen Liegenschaften das Energieeffizienzniveau nach dem KfW55-Standard erreicht werden kann.
Offene Innovationsprozesse aus der Umsetzungskraft gesellschaftlicher Akteure
Von grundsätzlicher Bedeutung ist bei allen Regelsetzungen und Förderinstrumenten zur Klimapolitik, dass die definierten Regeln und die eingesetzten Mittel tatsächlich Orientierung schaffen und Motivation für die Nutzung erneuerbarer Energien, die Erhöhung der Energieeffizienz, Energieeinsparungen und den sparsamen Umgang mit Ressourcen erzeugen. Es gilt daher auch in der Landesverwaltung und in den Kommunen wirtschaftliche Modelle eines ökologischen Technikeinsatzes bei den eigenen Liegenschaften umzusetzen und erfolgreiche Projekte mit unterschiedlichem Ansatz einem breiten Publikum verständlich erfahrbar machen, um neben gesamtheitlichen Ansätzen auch "viele kleine Schritte in die richtige Richtung" aufzuzeigen. Die Mitwirkung der Nutzerinnen und Nutzer ist dabei nicht zu vernachlässigen, ebenso wie die Transparenz hinsichtlich der technologischen Planungsentscheidungen.
Der ökologische Umbau der öffentlichen Liegenschaften darf dabei nicht den Vorgaben eines staatlich festgesetzten Modernisierungs- und Ökologisierungsfahrplans mit der Setzung von einheitlichen Standards entspringen, sondern muss Ergebnis eines offenen Innovationsprozesses sein. Die so oft beschworenen Transformationsprozesse können nicht von der Landesregierung vorgegeben werden, sondern müssen aus der Umsetzungskraft der gesellschaftlichen Akteure heraus entwickelt werden. Einzubeziehen sind allen voran die einschlägig qualifizierten Unternehmen, die zusammen mit den Liegenschaftsverwaltungen energieeinsparende und -effiziente Maßnahmen für die Gebäude prüfen, planen und umsetzen.
Wie die Einsparziele am besten erreicht werden, kann nicht der Staat entscheiden, sondern dies muss von den jeweiligen Planungsteams in Zusammenarbeit mit den innovativen Unternehmen der Baubranche erarbeitet werden. Nordrhein-Westfalen verfügt über eine Vielzahl erfahrener Unternehmen im Energiedienstleistungsmarkt, nicht zuletzt aus dem Handwerk. Auch für das Ziel der CO2-Neutralität muss einer wesentlichen Maxime des Planungsgeschehens die praxis- und bedarfsgerechte Technologieoffenheit sein, die der spezifischen Gebäudesituation und der jeweiligen wirtschaftlichen Situation gerecht wird. Hierbei spielt der Einsatz erneuerbarer Energien eine bedeutsame Rolle. Ebenso bieten die Energieeffizienz in kommunalen Liegenschaften und der "Faktor Mensch" ein großes Einsparpotential, da sich gerade durch Sensibilisierung von Mitarbeitern in Verwaltungen enorme Energieeinsparungen erzielen lassen. Daran sind konkrete Förderinstrumente kritisch zu messen.
In diesem Zusammenhang ist aus Sicht des Handwerks darauf hinzuweisen, dass der Erfolg von Klimaschutzstrategien - auch des im Antrag geforderten Sofortprogramms - davon abhängt, dass genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen, die die erforderlichen Massnahmen umsetzen können. Zu einer nachhaltigen Klimaschutzstrategie gehört daher auch die Sicherung der Attraktivität der beruflichen Bildung und die Modernisierung der Bildungsinfrastruktur, die für die Vermittlung entsprechender Kompetenzen erforderlich sind. Klimaschutzaktivitäten bedürfen in diesem Sinne einer nachhaltigen bildungspolitischen Flankierung.
Erneuerbare Energien (1a.)
Die Reduzierung der Abhängigkeit von Energieimporten und die drastische Senkung von CO2-Emmissionen können nur durch eine umfassend angelegte Mobilisierung erneuerbarer Energien gelingen. Zudem bieten sie die Chance, im Zusammenspiel mit der Herstellung eines funktionsfähigen europäischen Binnenmarktes auch zu der notwendigen Verbreiterung dezentraler Energieversorgungskonzepte beizutragen. Im Rahmen der Haushalts- und Wirtschaftspläne der verbundenen Unternehmen und Beteiligungen sollte dabei durch die Ausschöpfung aller Möglichkeiten eine weitreichende Gelegenheit gegeben werden, innovative Bautechniken an den Objekten umzusetzen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die mittelständischen Unternehmen zu richten, deren Innovationspotential durch die gestellte Aufgabe zusätzlich gestärkt wird. Insbesondere das Handwerk hat mit vielen seiner Gewerke eine besondere Kompetenz für Bau, Wartung und Management von Gebäuden sowie der "dezentralen Energieversorgung". Durch die Fachkompetenzen des Handwerks ist es möglich, Gebäude und ihr Umfeld integrativ zu denken und im Sinne einer wirtschaftlichen und versorgungstechnisch optimalen Wärmeversorgung auszustatten. Erst wenn für die mittelständischen Unternehmen die Zugangsbarrieren fallen, können aus einzelnen Sanierungsmaßnahmen auch "Leuchtturmprojekte" mit breiter Ausstrahlungswirkung in den Markt hinein werden. Es ist daher nicht nur aus mittelstandspolitischer Sicht wünschenswert, die Umsetzungsstrategien und die Vergabepraxis von Land und Kommunen mittelstandsfreundlich zu gestalten. Dies ist auch Voraussetzung dafür, dass die angestrebten Klimaschutzziele bestmöglich erreicht werden. Aus diesem Grunde sollte auch darauf geachtet werden, dass Förderstrategien nicht dem Ausbau von innovationsfeindlichen Fernwärmeinfrastrukturen mit den damit einhergehenden Lock-in-Effekten Vorschub leisten.
Gebäudesanierung (1b-d.)
Eine große Herausforderung bleiben die bauliche und/oder anlagentechnische Sanierung des überalterten Gebäudebestandes und der Ausbau regenerativer Energien. Es bedarf dabei u.a. einer ganzheitlichen Gebäudesanierungsstrategie, die auf eine nachhaltige Integration baulicher, barrierearmer, innenraumhygienischer und sicherheitstechnischer Aspekte abzielt und das Thema zukunftsgerechte Mobilität integriert. Hierzu zählen zum Beispiel Angebote zur Errichtung der Ladeinfrastruktur, zur Systemintegration in die dezentrale erneuerbare Energieversorgung und stationäre Speicheranlagen. Des Weiteren werden dabei auch Klimafolgenanpassungsmaßnahmen in die Betrachtung einzubeziehen sein.
Die Landesverwaltungen und die Kommunen sollten in diesem Sinne mit weitestgehend realitätsbezogenen Sanierungsmodellen Vorbildwirkung erzeugen. Diese sollten den Prinzipien der Subsidiarität und der Dezentralität verpflichtet sein. Damit würde auch die gesellschaftliche Verantwortung eines jeden Einzelnen für den Klimaschutz gestärkt werden. Eine ernsthafte, gemeinsame Umsetzung von Projekten wird zudem die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen im Energiewendeprozess steigern und die intendierte Vorbildwirkung für Bevölkerung und Wirtschaft zur Wirkung bringen.
Entscheidende Bedeutung für Erfolge im Klimaschutz kommt digitalen Technologien zu, wie sie in der intelligenten Gebäuidetechnik zum Einsatz kommen können. Hierfür steht das Handwerk mit seinen Kompenzen als strategischer Partner bereit und kann sich auf eine leistungsfähige Infrastruktur für die Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie des Technologietransfers stützen, so beispielsweise mit dem Kompetenzzentrum "Technisches Facilitymanagement - Energie- und Gebäudetechnik" des Berufsbildungszentrums in Bielefeld.
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien hängt ebenso davon ab, dass es gelingt, die Zusatzlasten und Abgaben auf dem Strompreis - also EEG-Umlage, Stromsteuer und Netzentgelte - zu reduzieren. In der gegenwärtigen Lage besteht hier eine besondere Dringlichkeit für die Politik, den Ausbau der erneuerbaren Energien nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu stärken. Diese wettbewerbs- und steuerpolitischen Fragen, die Unternehmen und Privatkunden in der ganzen Bandbreite betreffen, dürfen gegenüber notwendigerweise punktuellen Investitionsmaßnahmen des Landes und der Kommunen nicht in den Hintergrund geraten.
Mobilität (1e-g.)
Für die Erreichung von Klimaschutzzielen ist auch der Mobilitätssektor von großer Bedeutung. Die hohe Innenverdichtung in unseren Städten und die Beeinträchtigung der Luftgüte stellen die Wirtschaft insgesamt vor große Probleme. Die Erreichbarkeit von Unternehmen, Baustellen und Kunden ist gerade für das sehr kundennah arbeitende Handwerk in den Innenstädten unerlässlich.
Der Ausbau des Radwegenetzes kann einen Beitrag zu einer ressourcenschonenden Mobilität leisten. Er sollte allerdings nicht isoliert forciert werden, sondern aus lokalen und regionalen Mobilitätskonzepten abgeleitet sein, die den unterschiedlichen Mobilitätsbedarfen ausgewogen Rechnung tragen. Im Handwerk kann der Radverkehr allenfalls Teilfunktionen der betrieblichen Mobilität erfüllen, ebenso wie der ÖPNV. Motorisierter Individualverkehr bleibt für das Handwerk unverzichtbar - unabhängig von künftigen Lösungen bei den Antriebstechniken. Dies muss im Rahmen von Mobilitätskonzepten berücksichtigt werden. Investitionen in Mobilität berühren das Handwerk nicht nur vordergründig als Auftragnehmer, sondern sie haben auch erhebliche Auswirkungen auf die Mobilitätskosten aller Betriebe, wenn sie Belastungen für die Nutzung anderer Verkehrsträger nach sich ziehen. In diesem Zusammenhang ist es auch von großer Bedeutung, dass die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur in übergreifende städtebauliche Kontexte eingebettet ist und dass es z.B. durch überhandnehmende Wohnbebauung nicht zu einer Funktionstrennung innerhalb von Quartieren und zur Verdrängung von Gewerbestandorten mit wachsenden Mobilitätsbedarfen kommt.
Umso wichtiger ist, dass Investitionsentscheidungen zur Verkehrsinfrastruktur auf Mobilitätskonzepten beruhen, die mit allen betroffenen Akteuren abgestimmt sind. In Nordrhein-Westfalen haben sich zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die notwendigen betrieblichen Anpassungsmaßnahmen in einzelnen Städten Mobilitätspartnerschaften zwischen Kommune, IHKen, Handwerkskammern und den Kreishandwerkerschaften gebildet. Im Rahmen dieses Selbstverpflichtungskontextes diskutieren die Initialpartner mit weiteren Akteuren, wie den Verkehrsämtern und Mobilitätsdienstleistern, über Lösungsansätze, die aus unternehmerischer Sicht von Belang sind.
Dem ÖPNV kommt in Mobilitätskonzepten auch aus Sicht des Handwerks eine große Bedeutung zu. Klimapolitisch sind insbesondere Investitionen in die Fuhrparks der Kommunen (z.B. Busflotten) ein effektiver Hebel zur Einhaltung der Anforderungen zur Luftreinhaltung (1g).
Eine vorgeschlagene Erhöhung der Nahverkehrspauschale (1e) würde zwar kommunale Unternehmen mit mehr Liquidität versorgen. Ob daraus aber auch Impulse für eine bessere Qualität des Angebotes resultiert, ist offen. Für eine Stärkung der Mobilitätsangebote wären Verbesserungen des Angebotes und transparentere Tarifstrukturen erforderlich, aber auch die verbraucherorientierte Stärkung des Wettbewerbs und die bessere Einbeziehung privatwirtschaftlicher Anbieter.
Mit der möglichen Aufstockung von Budgets für den ÖPNV sollte in jedem Fall ein gesellschaftlicher Diskurs, hier insbesondere mit der auch finanziell von den verkehrlichen Einschränkungen stark betroffenen Wirtschaft, geführt werden, um sektorale Betrachtungsweisen zu überwinden und Fehlplanungen zu vermeiden. Die Kommunalverwaltungen sollten im Zuge einer verstärkten finanziellen Förderung aufgefordert werden, einen institutionalisierten, partnerschaftlichen Austausch mit den Wirtschaftsvertretungen einzurichten, der entsprechend der vorgestellten Mobilitätspartnerschaften Einvernehmlichkeit hinsichtlich der verabredeten Maßnahmen schafft. Ein "Weiter wie bisher" ist aufgrund der zunehmenden Ökonomisierung des Verkehrsraumes, die für die Unternehmen eine wachsende Belastung darstellt, keine Option.
Einzelmaßnahmen wie zum Beispiel die Bemühungen um den Ausbau des Radverkehrs, der Nahmobilität unterstützt und auch die Kundenbetreuung in städtischen Bereichen erleichtert, oder die Modernisierung der Flotten der öffentlichen Hand für einen umweltgerechteren und gesundheitlich unbedenklicheren Verkehr können unter Beachtung der genannten Rahmenbedingungen sinnvolle Schritte sein. Die innovative Lösung wird allerdings langfristig in einem verstetigten, zielgerichteten Diskurs auf Augenhöhe mit der Wirtschaft liegen, um z. B. für neuartige Antriebsformen und -kraftstoffe zu motivieren und die Beschäftigten für schadstoffarme Mobilitätsformen aufzuschließen.
Ebenso wie bei Investitionen in den Gebäudebestand ist auch bei Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur darauf zu achten, dass die Vergabepraxis mittelstandsfreundlich erfolgt und somit Innovationsprozesse sich breit entfalten können. Problematisch ist es, wenn solche Investitionen und daran anknüpfende Geschäftsmodelle, die sich insbesondere durch die Digitalisierung ergeben, anstelle von der privaten Wirtschaft schwerpunktmäßig durch kommunale Unternehmen selbst durchgeführt werden. Relevant ist dies z.B. bei Ausbau von Ladeinfrastruktur oder beim Betrieb von verkehrsträgerübergreifenden Mobilitätsdienstleistungen, wo kommunale Unternehmen in direkter Konkurrenz zum Handwerk und anderen privatwirtschaftlichen Akteuren tätig werden.
Home Office und Digitalisierung (1i.)
Die aktuellen Erfahrungen mit der Corona-Krise zeigen, dass der spontane Ausbau von Home Office bzw. mobilem Arbeiten zu bleibenden Lernerfahrungen führt und langfristige Auswirkungen auf Arbeitswelt, Mobilität, Wohnen und Stadtentwicklung haben wird. Die Ausstattung von Home-Office-Plätzen mit Beschaffungsgutscheinen (1i.) evoziert allerdings die Frage, ob hier nicht Rebound-Effekte entstehen, die dem Klimaschutz und der Ressourcenschonung entgegenstehen. Hier sollte mit Augenmaß reagiert werden. Die Erfahrungen der letzten Monate in vielen Unternehmen und Verwaltungen lassen vermuten, dass das recht inflexible Modell der "Telearbeit" mit fest vereinbarten Arbeitszeiten an einem zweiten, häuslichen DIN-gerechten Arbeitsplatz, das hinter der Idee der "Ausstattungsgutscheine" zu stehen scheint, für viele Situationen ungeeignet ist. In deutlich mehr Fällen dürfte sich das Modell des "mobilen Arbeitens" mit einer Hardwareausstattung, die an wechselnden Arbeitsplätzen zu Hause oder in Bürogebäuden eingesetzt werden kann, anbieten, um den Herausforderungen der Arbeitsorganisation und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser Rechnung zu tragen. Voraussetzung dafür sind aber weitere Fortschritte bei der Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen. In den vergangenen Monaten erwies es sich als sehr nachteilig, dass viele kommunale Behörden, insbesondere Baubehörden, nicht oder nur eingeschränkt arbeitsfähig waren, so dass Genehmigungsverfahren nur mit erheblichen Verzögerungen erfolgten. Größere Anstrengungen in Sachen E-Government sind daher unerlässlich, um die Kooperation von Behörden zu verbessern, Verfahren aller Art zu beschleunigen und Bürokratiekosten zu reduzieren. Konsequenterweise wäre auch zu klären, inwieweit im Tarif- und Arbeitsrecht nicht zunächst regulatorische Flexibilisierungen erforderlich sind (z.B. hinsichtlich der Definition und Erfassung von Arbeitszeiten). Dies könnte sich durch die Verringerung von Mobilitätsbedarfen oder durch die effizientere Nutzung von Büroimmobilien auch klimapolitisch auszahlen.
Konsumgutscheine (1j.)
Schließlich ist hinsichtlich der vorgeschlagenen Fördergutscheine an Privathaushalte zunächst zu überprüfen, inwiefern es nicht schon eine etablierte Förderung zum Beispiel über Kommunen oder Versorgungsunternehmen gibt. Hier sollte ggfs. das Augenmerk auf eine gute Informationspolitik gelegt werden. Zudem ist zu beachten, dass auch bereits die vorgenommene Mehrwertsteuerabsenkung ein Stück weit in die vorgeschlagene Richtung wirkt. Als breit wirksames und ergebnisoffenes Instrument ist sie konjunkturpolitisch sinnvoller als punktuelle Förderungen. Wegen des hohen Umstellungsaufwandes, der mit ihr einhergeht, wäre es ohnehin sinnvoll, die Absenkung der Mehrwertsteuer zu verlängern und zu verstetigen. Eine unkoordinierte Überlagerung von Förderinstrumenten mit widersprüchlichen Preissignalen sollte in jedem Fall vermieden werden.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Hans Jörg Hennecke
Hauptgeschäftsführer