Grundsteuer in NRW
Die Grundsteuer in Nordrhein-Westfalen einfach, transparent und rechtssicher gestalten – mit einem konsequenten und unbürokratischen Flächenmodell
Gemeinsame Positionierung von HANDWERK.NRW, IHK.NRW, unternehmer nrw, Haus & Grund RheinlandWestfalen und Bund der Steuerzahler NRW, 16. April 2021
Auf der Grundlage eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts hat der Bund die Grundsteuer neu geregelt. Die Neuregelung tritt zum 1.1.2025 in Kraft. Die Bundesländer haben im Rahmen einer Öffnungsklausel die Möglichkeit, das Bundesmodell zu übernehmen oder ein eigenes Modell zu wählen. 14 von 16 Bundesländer haben hierzu bereits Entscheidungen getroffen oder Entwürfe vorgestellt. In Nordrhein-Westfalen steht eine solche Entscheidung noch aus. Die künftige Regelung der Grundsteuer in Nordrhein-Westfalen betrifft alle Eigentümer und Mieter von Grundstücken, Gewerbeimmobilien und Wohnimmobilien. Hier muss das Land schnell Klarheit schaffen. Wir brauchen eine Regelung, die für Unternehmen unterschiedlicher Größen gut verträglich ist.
Wir erwarten deshalb vom Landesgesetzgeber:
1. Die Grundsteuer zur Nagelprobe für Bürokratievermeidung machen!
Die Grundsteuer ist als Abgabe eine planbare und eigenständige Einkommensquelle für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Sie dient der Sicherung einer auskömmlichen finanziellen Ausstattung der Kommunen. Auf diese Zielrichtung muss sich die Grundsteuer auch in Zukunft konzentrieren – erst recht angesichts der schwierigen Haushaltslage, in der viele Kommunen durch die Corona-Pandemie geraten sind. Weitergehende Erwartungen lassen sich mit der Grundsteuer nicht erfüllen. So kann sie insbesondere nicht nach dem für das Steuerrecht üblichen Grundsatz der Leistungsfähigkeit ausgerichtet werden, da die persönlichen Verhältnisse der Eigentümer und der Mieter durch die Grundsteuer nicht erfasst werden können. Denn sie ist eine Objektsteuer, und sie ist umlagefähig auf alle, die als Mieter dieses Objekt nutzen. Die Grundsteuer kann auch nicht nach dem Äquivalenzprinzip ausgerichtet werden, das die Besteuerung an der Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen ausrichtet. Denn öffentliche Leistungen, die für die Erschließung von Grundstücken und Immobilien erbracht und genutzt werden, werden typischerweise – und viel genauer – über Gebühren abgerechnet. Deshalb sollte sich die Grundsteuer an dem Grundsatz ausrichten, dass sie mit dem geringstmöglichen Aufwand für die Steuerbehörden und für die Steuerpflichtigen erhoben werden kann. Sie wird damit zur Nagelprobe für eine vorausschauende Vermeidung von bürokratischen Belastungen in Nordrhein-Westfalen.
2. Die Öffnungsklausel für Nordrhein-Westfalen nutzen!
Das vom Bund vorgelegte Modell knüpft an eine wertabhängige Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Bewertungsparametern an, die viele methodische Erhebungsprobleme nach sich ziehen. Diese Parameter können auch für den einzelnen Steuerpflichtigen sehr dynamisch sein, insbesondere wenn im jeweiligen Umfeld viele Grundstücksverkäufe erfolgen. Dieses Modell bringt daher für die Steuerbehörden und die Steuerpflichtigen einen außerordentlich hohen Erhebungsaufwand mit sich und ist für die Steuerpflichtigen in seiner konkreten Belastungswirkung unberechenbar. Wir lehnen daher für Nordrhein-Westfalen alle Lösungen ab, die auf wertabhängige Bemessungsgrundlagen setzen. Wir fordern das Land Nordrhein-Westfalen deshalb auf, im Wettbewerb der Ideen die Öffnungsklausel zu nutzen und eine einfache, transparente und unbürokratische Alternative zu finden.
3. Die Grundsteuer für Steuerpflichtige und Kommunen verlässlich ausgestalten!
Durch materielle Regelungen im Planungs-, Bau- und Mietrecht sowie durch vielfältige Förderungsmöglichkeiten für Städte- und Wohnungsbau verfügt der Staat bereits heute auf allen Ebenen über viele Instrumente, um Flächennutzung, Bautätigkeit und Wohnungsbau zu lenken. So ist es beispielsweise richtig und wichtig, dass die Kommunen konsequent gegen Spekulationsbrachen und Schrottimmobilien vorgehen können und überzeugende städtebauliche Entwicklungen auf den Weg bringen können. Planungsrechtliche Instrumente sind dafür der richtige Weg. Die Grundsteuer ist dagegen in dynamischen und regional unterschiedlichen Immobilienmärkten kein zielgenaues Interventionsinstrument – egal, welche Lenkungsabsicht man mit ihr verfolgt. Sie ist deshalb auf eine rein fiskalische Funktion auszurichten: Sie sollte den Kommunen rechtssichere und verlässliche Einnahmemöglichkeiten eröffnen, über die sie selbst entscheiden können.
4. Die Grundsteuer an den Grundstücks- und Gebäudeflächen ausrichten!
Die Grundsteuer sollte als Flächenmodell an den beiden Kriterien Grundstücksfläche und Gebäudefläche ansetzen. Beide sind flächendeckend verfügbar und für Verwaltungen und Steuerpflichtige mit geringem Aufwand zu nutzen. Parallel müssen im Rahmen von E-Government die Voraussetzungen für die Nutzung der vorhandenen Katasterdaten für die Steuerfestsetzung geschaffen werden, ohne dass den Steuerpflichtigen dafür besonderer Erhebungsaufwand entsteht.
5. Keine künstlichen Verdrängungseffekte gegen gewerbliche Nutzungen auslösen!
Eine Reform der Grundsteuer sollte nicht zu einer Lastenverschiebung zwischen Wohn- und Gewerbenutzungen führen. Viele politische Instrumente favorisieren bereits jetzt den Wohnungsbau und drängen gewerbliche Nutzungen immer weiter zurück. Dem darf durch die Grundsteuer nicht noch weiter Vorschub geleistet werden, zumal gewerbliche Eigentümer bereits durch die Gewerbesteuer eine besondere Belastung zu tragen haben. Insbesondere sollte das Steuerrecht die ohnehin vorhandenen, städtebaulich problematischen Tendenzen zur Verdrängung von Gewerbe aus urbanen Quartieren nicht noch verstärken.
6. Für den nachhaltigen Umgang mit Flächen: Verzicht auf eine Grundsteuer C für unbebaute Grundstücke!
Viele Unternehmen sichern sich an ihrem Standort häufig langfristige Erweiterungsmöglichkeiten. Dies tun sie nicht, um durch Zurückhalten baureifer Grundstücke Spekulationsgewinne zu erzielen, sondern um für die Ausweitung der Geschäftstätigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen Vorsorge zu treffen. Wenn eine höhere Besteuerung für unbebaute Grundstücke sie dazu drängen soll, potentielle Erweiterungsflächen frühzeitig aufzugeben und anderen Nutzungen zuzuführen, würden deren organische Entwicklungsmöglichkeiten empfindlich behindert. Volkswirtschaftlich und umweltpolitisch spricht alles für einen sorgsamen Umgang mit Flächenreserven. Deshalb sollten durch das Steuerrecht keine Fehlanreize für unnötigen Flächenverbrauch geschaffen werden. Wir sprechen uns daher klar gegen eine Grundsteuer C mit höherer Besteuerung von unbebauten Grundstücken aus. Es gibt andere Instrumente, die zur Baulandmobilisierung besser geeignet sind.
7. Kommunale Hebesätze als Instrument des inter- und innerkommunalen Ausgleichs nutzen!
In der Diskussion um die Grundsteuer wird immer wieder betont, dass die Grundsteuer Nutzer von hochwertigen Grundstücken stärker belasten sollte als Nutzer von weniger guten Grundstücken. Attraktive Lagen in sogenannten Schwarmstädten seien höher zu besteuern als weniger attraktive Lagen im ländlichen Raum oder in weniger prosperierenden Großstädten. Das kommunale Hebesatzrecht bietet jeder Kommune ausreichende Möglichkeiten, das örtliche Niveau der Grundstücks- und Immobilienpreise zu berücksichtigen und vor Ort angemessene Hebesätze festzusetzen, ohne auf komplexe und bürokratische wertabhängige Bemessungsgrundlagen zurückzugreifen. Das Land könnte den Kommunen zudem die Möglichkeit eröffnen, in eigener Verantwortung eine begrenzte Zahl von Hebesatzzonen zu definieren, in denen unterschiedliche Hebesätze gelten. So lässt sich die Lage von Grundstücken gewichten, ohne durch die Hintertür doch wieder auf die Bodenrichtwerte zurückgreifen zu müssen. Wichtig ist aus unserer Sicht, Fehlanreize durch ständig steigende fiktive Hebesätze im kommunalen Finanzausgleich des Landes zu verhindern.
8. Keine Steuererhöhung für Eigentümer und Mieter durch die Hintertür!
Die Besteuerung von Grundstücken und Immobilien bedeutet für Eigentümer eine Besteuerung der Vermögenssubstanz und für Mieter eine zusätzliche Belastung zum Mietzins. Sie steht daher in einem Spannungsverhältnis zu einer Sozialpolitik, die auf Vermögensbildung und Vorsorge ausgerichtet ist und dazu auch auf den Erwerb von Immobilieneigentum setzt. Deshalb sollten sich alle Steuerpflichtigen in Nordrhein-Westfalen darauf verlassen können, dass mit der Reform der Grundsteuer insgesamt keine Mehrbelastung verbunden ist und es nicht zu einer Verschiebung der Lasten zwischen den Nutzergruppen kommt. Auch für flächenintensive Unternehmen müssen dabei adäquate Lösungen gefunden werden, um einseitige Mehrbelastungen zu vermeiden. Eine möglichst bürokratiearme Ausgestaltung bietet die beste Aussicht darauf, dass die Reform zu echten Entlastungen bei auskömmlicher Finanzierung öffentlicher Aufgaben führen kann.