#hum12 - Folge 45: Prof. Dr. Mathias Binswanger

6. Juni 2025

#hum12 - Folge 45: Prof. Dr. Mathias Binswanger

Künstliche Intelligenz – Fluch oder Segen für den Bürokratieabbau?

 

In der 45. Ausgabe von #handwerkumzwölf diskutierte der Schweizer Ökonom Prof. Dr. Mathias Binswanger die ambivalente Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) beim Bürokratieabbau. Sein Fazit: KI ist kein Allheilmittel – sie kann bestehende Probleme sogar verschärfen.

Laut Binswanger perfektioniert KI den Kapitalismus, da sie riesige Datenmengen in kürzester Zeit und deutlich effizienter als Menschen verarbeiten kann. Doch diese Effizienz habe ihren Preis: Algorithmen übernähmen zunehmend Steuerungsfunktionen, während Menschen zu deren Vollzugsgehilfen würden. KI bleibe dabei oft eine Black Box, deren Entscheidungen sich selbst für ihre Entwickler kaum mehr nachvollziehen lasse. Die Abhängigkeit von wenigen marktbeherrschenden Anbietern berge zusätzliche Risiken: „Keine Technologie wird in einem interessenfreien Raum entwickelt“, so Binswanger.

Die drei großen Versprechen von KI – höhere Produktivität, mehr Sicherheit und Bequemlichkeit – stehen laut Binswanger im Spannungsfeld mit wachsender Überwachung, abnehmender Freiheit und schwindender Privatsphäre. Binswanger selbst hält Produktivitätssteigerungen durch KI deshalb für einen Wunschtraum: Nicht nur nehme die Menge der Daten schneller zu als deren Auswertbarkeit. Die rapide wachsende Datenflut erfordere auch neue Regeln, Gesetze und Kontrollinstanzen. Compliance-Beauftragte und Verwaltungsmitarbeiter müssten die Einhaltung sicherstellen. So könne KI paradoxerweise zu mehr statt weniger Bürokratie führen – und zur Abwanderung von hochqualifizierten Fachkräften in administrative statt wertschöpfende Tätigkeiten.

Binswanger plädiert daher für einen besonnenen Umgang mit KI. Bürokratieabbau könne nur gelingen, wenn er von flankierenden Maßnahmen begleitet werde – etwa durch „One in, one out“-Regeln sowie durch bewusste Resilienzstrategien wie die Möglichkeit zur Barzahlung oder den Verzicht auf digitale Zwangsanwendungen.