Presse-Information vom 15. Januar 2020

Handwerk wirbt für "Grüne Null" und für Steuerentlastungen Präsident Andreas Ehlert zu den Erwartungen an die Bundes- und Landespolitik.

In der aktuellen Debatte um Rekordüberschüsse und sprudelnde Steuereinnahmen des Staates fordert der Präsident von HANDWERK.NRW Andreas Ehlert Steuerentlastungen für die Mitte der Gesellschaft: "Es ist jetzt an der Zeit, spürbare Entlastungen für die Leistungsträger unserer Gesellschaft durchsetzen. Angesichts der Rekordsteuereinnahmen wäre die sauberste Lösung die Abschaffung des Solidarzuschlags - und zwar vollständig und sofort. Davon würden nicht nur viele Mittelständler profitieren, sondern auch viele angestellte Fachkräfte und Familien."

Kein Verständnis zeigte Ehlert dagegen für Forderungen, die auf eine Erhöhung der Neuverschuldung zielen: "Ja, der Staat muss in den nächsten Jahren viel investieren, in Bildung, in Infrastruktur. Aber er muss seine Ausgaben auch nachhaltig finanzieren und Prioritäten setzen." Nach Ehlerts Auffassung hat die Berliner Koalition in den vergangenen Jahren zuviel Geld an den falschen Stellen ausgegeben. "Demokratien dürfen das Vertrauen der Wähler nicht auf Pump erkaufen, sondern sie müssen auf die Tragfähigkeit der Haushalte und der sozialen Sicherungssysteme achten. Wir brauchen eine "Grüne Null" für nachhaltige Staatsfinanzen."

Anlässlich der Jahrespressekonferenz von HANDWERK.NRW, das als Dachorganisation des Handwerks rund 192.000 Betriebe und 1,2 Millionen Beschäftigte im Land vertritt, appellierte Ehlert an die Landesregierung, sich in der Bundespolitik in diesem Sinne einzusetzen und selbst mit gutem Beispiel vorangehen. "Das Land Nordrhein-Westfalen muss in dieser finanzpolitischen Diskussion mit gutem Beispiel vorangehen." Ehlert hat vor allem die Grunderwerbsteuer im Blick: "Wenn wir private Bauinvestitionen ermuntern wollen, können wir es uns nicht länger leisten, dass Nordrhein-Westfalen Höchststeuerland in Sachen Grunderwerbsteuer ist."

Auch bei der Grundsteuer erwartet der Handwerkspräsident von der Landesregierung ein klares Signal: "Die Bundeslösung ist viel zu kompliziert. Wir brauchen für die Grundsteuer eine schlanke, einfache NRW-Lösung."

Andreas Ehlert zog bei seiner Jahrespressekonferenz ein insgesamt positives Fazit zur bisherigen Arbeit der Landesregierung: "Die Landesregierung arbeitet ordentlich und hat die Bedingungen für den Wirtschafts- und für den Bildungsstandort Nordrhein-Westfalen verbessert. Aber sie darf jetzt nicht die Hände in den Schoß legen und muss die Zeit bis zur nächsten Landtagswahl gut nutzen."

Konkret hat Ehlert eine Stärkung des Mittelstandsförderungsgesetzes und weitere Schritte für Bürokratieabbau und Bürokratievermeidung im Blick. "Es hat sich ausgezahlt, dass anders als im Bund die Digitalisierung in einem starken Wirtschaftsressort gebündelt wird. Das muss für die Modernisierung der Verwaltung genutzt werden", so Ehlert. Wichtig sei für die kommenden Jahre, dass Nordrhein-Westfalen seine Fixierung auf großindustrielle Monostrukturen überwindet und seine Potentiale als Standort für den Mittelstandstand und für Unternehmensgründungen nutzt. "Vor allem im Ruhrgebiet mangelt es an mittelständischen Strukturen, und wir müssen gerade dort auch noch mehr auf berufliche Bildung und auf erfolgreiche Qualifizierung von Zuwanderern setzen", so Ehlert.

Insgesamt befindet sich das nordrhein-westfälische Handwerk in guter konjunktureller Stimmung. In der zweiten Jahreshälfte 2019 war zwar das Geschäftsklima von 138 auf 131 Punkte gefallen, aber die Einschätzungen zur aktuellen Lage fielen in den Handwerksbranchen überwiegend stabil aus. "Manche Erwartungen haben sich eingetrübt, aber der starke Bausektor wiegt vieles auf", so Ehlert. Das zuletzt starke Wachstum werde sich zwar 2020 etwas verlangsamen, aber von Rezession ist im Handwerk keine Spur. Auch die Beschäftigung hat sich zuletzt gut entwickelt. "Der Fachkräftemangel wirkt aber weiter als Wachstumsbremse: Schulische Bildung, Berufsorientierung und Berufsbildung müssen daher als Schlüsselthemen im politischen Fokus bleiben." Ehlert sieht das Handwerk nicht als Bittsteller, sondern als Partner der Politik für die Lösung von Zukunftsfragen. "Gerade beim Wohnungsbau und beim Umsetzen der Klimaschutzziele ist das Handwerk unverzichtbar, weil es dezentrale Lösungen ermöglicht." Deshalb warb Ehlert auch für eine Kleine Bauvorlageberechtigung für Handwerksmeister nach dem Vorbild anderer Bundesländer: "Das würde Investitionen in den Wohnungsbau und in die Gebäudesanierung erleichtern", so Ehlert.