NRW-Handwerk: Für Jugendliche wieder attraktiv
Knapp 4 Prozent mehr neue Ausbildungsplätze - Zahl der Flüchtlinge im ersten Lehrjahr verfünfacht sich - Konsequentes Handeln des Landes erforderlich
Die Berufsausbildung im Handwerk ist für Nordrhein-Westfalens Schulabgänger wieder attraktiver geworden. Und das trotz weiter zurückgehender Schulabgängerzahlen. Vorläufige Zahlen für das Jahr 2017 zeigen einen Zuwachs an neu abgeschlossenen Lehrverträgen von knapp 4 Prozent.
Diese Entwicklung ist wesentlich auf das starke Engagement der Handwerksbetriebe bei der Integration von Flüchtlingen zurück zu führen. Die Zahl der Auszubildenden im ersten Lehrjahr aus den acht wichtigsten Herkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien) hat sich in Nordrhein-Westfalen 2017 gegenüber 2015 mehr als verfünffacht: von 339 auf 1.985. "Das Handwerk hält sein Versprechen", so Andreas Ehlert, "bundesweit 10.000 Flüchtlinge durch eine Handwerksausbildung beruflich zu integrieren; in NRW sind wir hier auf dem richtigen Weg."
Dahinter stehe eine erhebliche Kraftanstrengung der Betriebe. Denn Ausbildung von Flüchtlingen bedeute einen großen Mehraufwand. Mangelnde Sprachkenntnisse seien die Hauptursache. Dies mache sich insbesondere auch im Berufsschulunterricht bemerkbar.
"Ausbildung wird inzwischen als Grund für eine Duldung anerkannt", so Ehlert. "Aber besser ist es, wenn die Bleibeperspektive vor Beginn der Ausbildung feststeht. Sonst kann sehr schnell ein Sog auf Ausbildung einsetzen. Die Verfahren müssen massiv beschleunigt werden, damit wir schnell erkennen, wer eine Bleibeperspektive habe und wer nicht."
Der Präsident von HANDWERK.NRW betonte, dass es keine vernünftige Alternative zu einer erfolgreichen beruflichen Integration gebe. Denn sonst scheitere auch die kulturelle und gesellschaftliche Integration. Man dürfe nicht zulassen, dass möglicherweise jede zweite Ausbildung von Flüchtlingen scheitert.
In diesem Zusammenhang erteilte er Lösungsansätzen, die Standards der Ausbildung abzusenken, eine klare Absage. Am Ende des Qualifizierungsweges müsse es heißen: Kein Abschluss ohne Arbeitsmarkttauglichkeit.
Die Integration der Flüchtlinge sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Landesregierung forderte er auf, die Ausbildungsbetriebe hierbei zu unterstützen. Es werde noch auf lange Zeit erforderlich sein, entsprechende Angebote für die Flüchtlinge in der schulischen Bildung, bei der Berufsvorbereitung und Berufsorientierung bereitzustellen.
Andreas Ehlert erinnerte daran, dass die Berufsschulen generell seit Jahren in der bildungspolitischen Diskussion das fünfte Rad am Wagen seien. Er zählte die sich aus dem NRW-Koalitionsvertrag ergebenden entsprechend neuen Ziele der Landesregierung auf: Exzellenzpakt für berufliche Bildung, Stellenreduzierungen rückgängig machen, bessere Ausstattung, erfahrene Praktiker als Lehrer, Azubi-Ticket.
Wichtig sei, dass nun auch mit der Umsetzung begonnen werde. Und dass Ehrgeiz und Dynamik nicht nachließen, wenn die Mühen der Ebenen kämen.