Lage des Handwerks zum Jahreswechsel 2017/18 – Politischer Ausblick
Das nordrhein-westfälische Handwerk blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2017 zurück. "Wir rechnen sowohl für das Jahr 2017 als auch für das neue Jahr jeweils mit rund 3 Prozent Umsatzplus", zog Andreas Ehlert, Präsident von Handwerk NRW, bei seiner Jahrespressekonferenz Bilanz. Die Umsatzsteigerungen führen jedoch nicht zu mehr Beschäftigung im Handwerk. Sowohl 2017 als auch 2018 stehen die Zeichen nur auf Stabilität. "Das Handwerk profitiert leider nicht vom allgemeinen Anstieg der Erwerbstätigkeit. Der Fachkräftemangel wirkt bei uns als Wachstums- und Beschäftigungsbremse", so Ehlert. Umso mehr freut man sich im Handwerk über einen deutlichen Anstieg der neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse. Ein Plus von knapp 4 Prozent sei landesweit zu verzeichnen, so Ehlert.
Eine positive Bilanz zog Ehlert zur bisherigen Arbeit der Landesregierung. "Die neue Koalition hat aus Sicht des Handwerks die richtigen Schwerpunkte gesetzt und schon wichtige wirtschaftspolitische Signale ausgesandt." Vor allem der ausgeglichene Landeshaushalt, die Abschaffung der "Hygiene-Ampel" oder die Vereinfachung des Vergaberechts werden von den Handwerksunternehmen positiv bewertet. "Es kommt jetzt darauf an, dass die Regierung am Ball bleibt und ihren Koalitionsvertrag in allen wirtschafts- und bildungspolitischen Fragen konsequent abarbeitet", so Ehlert. Mehr Wachstum und mehr Beschäftigung seien in Nordrhein-Westfalen erreichbar, wenn man konsequent auf Bildung und Qualifizierung junger Menschen, auf einen breit gefächerten Mittelstand, auf eine faire Wettbewerbsordnung und eine dynamische Innovationskultur setze, so Ehlert. Er forderte ein entschlossenes Vorgehen gegen Unterrichtsausfall und Fachlehrermangel an den allgemeinbildenden Schulen und an den Berufskollegs. "Wir haben in den letzten Monaten viel über G8 und G9 diskutiert, jetzt kommt es darauf, die berufliche Bildung zu stärken und deren Attraktivität zu erhöhen. Das ist am Ende auch eine Frage der Ressourcen, die das Land dafür bereitstellt." Qualifizierung, Innovation und Mittelstand sind für Ehlert auch die Schlüsselbegriffe für die Zukunft des Ruhrgebiets: "Wenn es zu einer großen Ruhrgebietskonferenz kommt, erwarten wir, dass wir dabei sind und uns einbringen können. Der Ruf nach noch mehr Subventionen und noch mehr politischer Interventionismus hilft dem Ruhrgebiet nicht weiter."
Im nordrhein-westfälischen Handwerk sind die Erwartungen hoch, dass die neue Landesregierung sich auch in Berlin Gehör verschafft. "Ich wünsche mir, dass Nordrhein-Westfalen im Bund eine starke Stimme für Handwerk, Mittelstand und berufliche Bildung ist", so Ehlert. "Es ist gut, dass die neue Landesregierung einen guten Start hingelegt hat und mit klarem Kurs für mehr Wachstum, Qualifizierung und Beschäftigung steuert", so Ehlert. "Sorge bereitet uns aber, dass sich die Bildung einer neuen Bundesregierung so in die Länge zieht."
Ehlert betonte, wie wichtig stabile politische Rahmenbedingungen für Handwerk und Mittelstand sind. Als Beispiel nannte er insbesondere die aktuelle Diesel-Problematik. "Viele Betriebe würden gerne ihren Fuhrpark erneuern und emissionsärmere Fahrzeuge anschaffen. Aber dafür brauchen wir nicht nur entsprechende Angebote der Industrie, sondern auch Rechtssicherheit seitens der Politik. Die drohenden Fahrverbote für moderne Diesel-Fahrzeuge, von denen viele auf Drängen der Politik erst vor drei oder vier Jahren angeschafft wurden, sind Gift." Ehlert nannte zudem die Themen Gebäudesanierung und Wohnungsbau. "Auch hier könnte sich das Handwerk stärker engagieren, wenn die Politik verlässliche und attraktive Rahmenbedingungen für Immobilienbesitzer und Grundstückeigentümer setzen würde."
Für Verunsicherung sorgen bei den Betrieben auch die politischen Diskussionen um Steuererhöhungen und Beitragssteigerungen für Mittelstand und Arbeitnehmer. "Der Staat hat Einnahmen auf Rekordniveau, jetzt brauchen wir endlich eine spürbare steuerliche Entlastung für Unternehmen und Beschäftigte. Auf keinen Fall dürfen jetzt neue Steuer- oder Beitragsbelastungen beschlossen werden." Eine Absage erteilte Ehlert insbesondere den Forderungen nach einer Bürgerversicherung: "Vorsorgesozialismus schafft weder Gerechtigkeit noch Tragfähigkeit. Ich bin da ganz bei Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann. Wir brauchen in Zukunft eine Balance von gesetzlicher, privater und betrieblicher Vorsorge."