Am Bau wie in der Backstube: Meister schieben unverändert Sonderschichten - Dachorganisation Handwerk.NRW stellt Konjunkturlage zur Jahreswende vor - Wirtschaftsbereich blickt auf Erfolgsjahr zurück - Beschäftigungsaufbau stärker als prognostiziert - Für 2020 3% Wachstum erwartet - Zulieferbranche verliert aber an Dynamik
Während die deutsche Volkswirtschaft im vergangenen Jahr nur knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt ist, bewegt sich die Konjunktur im Handwerk weiter auf hohem Niveau. Zur Jahreswende 2019/ 20 steht der Wirtschaftsbereich "praktisch unverändert gut da, gerade auch in Nordrhein-Westfalen", betonte der Präsident von Handwerk.NRW, Andreas Ehlert, auf der Bilanzpressekonferenz der Dachorganisation am Mittwoch in Düsseldorf. Während außenwirtschaftliche Risiken sowie Strukturkrisen in der Energie- und Automobilwirtschaft das Wachstum der Gesamtwirtschaft erheblich gedrosselt hätten, weise das Geschäftsklima im Handwerk des größten deutschen Bundeslandes ausweislich der Herbstumfragen in seinen sieben Handwerkskammerbezirken weiterhin "Lageeinschätzungen auf Rekordniveau" aus. Der leichte Rückgang binnen Jahresfrist auf dem handwerklichen Konjunkturbarometer von 138 auf "weiterhin sehr ordentliche 131 Prozent" sei in erster Linie auf gedämpfte Erwartungen für die Zukunft zurückzuführen.
Anhaltend dynamisch verläuft die Konjunkturentwicklung dabei vor allem im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe (Geschäftsklimaindex: 134 bzw. 136 Prozent) und im Gesundheitsgewerbe: bei den Augenoptikern, Hörakustikern, Zahntechnikern und Sanitätshäusern kletterte das Geschäftsklima sogar auf ein Allzeithoch von 134 Prozent. Leicht eingetrübt hat sich die Stimmung demgegenüber bei den industrienahen Handwerken für den gewerblichen Bedarf (Klimawert aktuell 120 Prozent, gleicher Vorjahreszeitpunkt: 135) und im Kfz-Gewerbe (117/127).
Das NRW-Handwerk blickt inzwischen auf ein seit zehn Jahren anhaltendes Wirtschaftswachstum und damit auf dem längsten Boom seit den Zeiten des Wiederaufbaus zurück. Speziell in den letzten vier Jahren stiegen die Umsätze nominal um 3,7 Prozent (2016), 4,9 Prozent (2017) und - nach vorläufigen Schätzungen der amtlichen Handwerksberichterstattung - um 5,9 Prozent in 2018. "Dabei muss man betonen, dass die Schätzungen der Handwerksberichterstattung durch die Landesstatistikbehörde IT NRW in den beiden Vorjahren durch die absoluten Ergebnisse der Handwerkszählung sogar deutlich übertroffen wurden", ordnete Ehlert das Datenbild ein.
Für das Jahr 2019 geht Handwerk.NRW von einem gegenüber 2018 leicht gedämpften, gleichwohl erneut robusten Wachstum um nominal 4 Prozentpunkte aus, das sich in diesem Jahr fortsetzen sollte: "Für 2020 ist ein nominales Wachstum von 3 Prozent gut erreichbar," richtete Ehlert den Blick nach vorn.
Zufrieden zeigt sich die Landeshandwerksvertretung auch mit der Beschäftigungsentwicklung im Handwerkssektor. "Es stimmt, das Handwerk hat im vergangenen Jahrzehnt von dem Gesamtaufwuchs an Erwerbstätigkeit in Deutschland nicht voll profitieren können", räumte Verbandspräsident Ehlert ein. Aber zumindest für das Jahr 2017 hätten die endgültigen Zahlen der amtlichen Handwerkszählung nun eine Zunahme der Beschäftigung um 3,4 Prozentpunkte nachgewiesen - "deutlich mehr als zuvor in der Handwerksberichterstattung geschätzt worden war. Wir sind guten Mutes, dass auch die Jahre 2018, 2019 und 2020 eine zumindest moderate Zunahme der Beschäftigung mit sich bringen werden", so Ehlert. Unterm Strich zählt der Handwerkssektor in Nordrhein-Westfalen Stand heute rund 1,2 Mio. Erwerbstätige. Ehlert sieht allerdings noch Luft nach oben: "Der Fachkräftemangel bleibt das beherrschende Thema in vielen Gewerken und bremst das Wachstum - gerade in Branchen, die sich um zukunftsträchtige Themen wie Klimaschutz, energetische Sanierung und Wohnungsbau kümmern. Wir brauchen da eine stärkere gesellschaftliche Wertschätzung für die Berufsbildung."