PRESSE-INFORMATION VOM 15. JANUAR 2021

Vertrauen durch berechenbare Corona-Strategie

NRW-Handwerk mahnt berechenbarere Coronastrategie an
Positionspapier von HANDWERK.NRW fordert, Überbrückungshilfe zu beschleunigen und Betrieben durch Steuerentlastungen dauerhaft mehr Liquidität zu geben

 

Das Handwerk war in der Corona-Rezession bislang ein wesentlicher Stabilitätsanker für den Arbeitsmarkt, für die Wachstumsentwicklung und das Steueraufkommen des Staats. Mit der Ausweitung des Lockdowns fürchtet nun aber auch der beschäftigungsintensive Wirtschaftssektor, dem in NRW 191.000 Betriebe mit 1,2 Mio. Erwerbstätigen angehören, um die Fortexistenz vieler Unternehmen vor allem in Dienstleistungs- und Ernährungsberufen. Besonders akut seien Neugründer und Soloselbstständige betroffen.

Ein Positionspaper, das der Vorstand der Dachorganisation HANDWERK.NRW am Donnerstag einstimmig verabschiedete, würdigt die bisherigen Stabilisierungshilfen von Land und Bund, listet aber auch weitere politische Handlungserfordernisse auf. „Es geht dabei auch um Vertrauen in den Unternehmen des gewerblichen Mittelstands, die jetzt massiv unter Schließungen und Umsatzeinbußen leiden, obwohl sie geeignete Schutzmaßnahmen gewährleisten“, ordnete der Präsident von HANDWERK.NRW Andreas Ehlert am Freitag in einer Videopressekonferenz den Vorstoß ein.

Die betroffenen Betriebe bräuchten dringend eine Öffnungsperspektive. Diese müssen auf einer wirksamen Bekämpfung der Pandemie aufbauen: „Jetzt müssen wir Impfungen vorantreiben und Risikogruppen wirksam schützen.“ Angesichts zunehmender Verunsicherung komme es darauf, den Menschen im Handwerk und in anderen Bereichen der Gesellschaft eine „verlässliche und berechenbare Perspektive“ zu geben. Dazu gehöre, den betroffenen Branchen aufzuzeigen, unter welchen Bedingungen eine Wiederöffnung des Geschäftsbetriebs möglich sei. Überall im Handwerk gebe es nach den Erfahrungen der vergangenen Monate „überzeugende Hygienekonzepte der Berufsgenossenschaften, die von den Betrieben schon jetzt oftmals übererfüllt werden“, so das Papier. Ergänzend ließen sich die im medizinischen Sektor bewährten FFP2-Masken auch im Handwerk bei Verkaufsgesprächen oder im Kundenkontakt einsetzen – zum Beispiel im Autohaus. 

Vorneweg mahnt die Landeshandwerksvertretung an, Überbrückungshilfen schneller zu bewilligen und auszuzahlen, und die zugehörigen Antragsverfahren zu entbürokratisieren. So stießen Betriebe, die wie die Friseure erst im Dezember vom Lockdown betroffen wurden, „auf eine echte Förderlücke“, so das Papier. Der geringe Mittelbabfluss bei den Hilfen zeige, dass manche Förderinstrumente „zu komplex angelegt sind“. Es drohe eine Liquiditätsfalle, weil Unternehmen auf staatliche Überbrückungshilfen warteten, ohne dass deren Bewilligung sichergestellt sei. 

Neben Verbesserungen bei den kurzfristigen Krisenhilfen sieht das Handwerk aber auch Bedarf für langfristig wirksame Lösungen im Steuerrecht, von denen alle Betriebe profitierten und die unmittelbar liquiditätssichernd wirkten, und spricht sich für Verbesserungen bei den Verlustrückträgen und der Thesaurierungsrücklage oder bei Sonderabschreibungsmöglichkeiten aus. „Wir dürfen jetzt keine Debatte über neue Belastungen führen, sondern müssen die Strukturprobleme der Unternehmensbesteuerung im Mittelstand angehen,“ kommentierte Ehlert die Stoßrichtung. 

Für die Branchen, die noch arbeiten könnten, würden aktuell Kita- und Schulschließungen zu einem massiven Problem, so die Handwerksorganisation. „Gerade kleine Betriebe können schnell lahmgelegt werden, wenn es wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten zu Personalausfällen kommt. Hier sei „mehr Kreativität“ gefragt, um Betreuung und Schulbetrieb rasch wieder breiter zu gewährleisten, argumentiert das Papier. 

Schließlich verursache auch ein rückständiges E-Government in Gesundheits- und vielen anderen Verwaltungsbehörden Kapazitätsengpässe, unnötige Verzögerungen und Kosten. „Wir hören von Betrieben, die seit einem halben Jahr auf die Erstattung von quarantänebedingten Personalkosten warten“, so Ehlert. Auch seien Kfz-Zulassungsstellen oder Baubehörden weiterhin nur eingeschränkt arbeitsfähig. 

„Bei allen Herausforderungen, die die Betriebe derzeit aushalten müssen, hat die Krise aber viele Innovationen im Handwerk in Gang gesetzt. Wir können stolz darauf sein, dass unsere Betriebe mit großer Kreativität und Verantwortungsbereitschaft auf diese noch nie dagewesene Herausforderung reagiert haben“, betonte Handwerkspräsident Ehlert. Mittelständisches Unternehmertum und berufliche Bildung seien „heute wichtiger und wertvoller denn je“.

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