Politik im Dialog
Wibke Brems MdL, Vorsitzende der Landtagsfraktion der Bündnis 90/ DIE GRÜNEN würdigt Einjahresbilanz der Landesregierung als gelungen - Ehlert: „Land benötigt dringend alle Kreativität des Mittelstands“
Die Vorsitzende der GRÜNEN-Landtagsfraktion Wibke Brems würdigte in einem Vortrag vor geladenen Spitzenvertretern der nordrhein-westfälischen Handwerksorganisationen die einjährige Zwischenbilanz der schwarz-grünen Landesregierung in ungewöhnlich zugespitzter Krisenlage des Landes als gelungen. Brems stellte dabei auch auf ein insgesamt konstruktives Diskussions- und Arbeitsklima in der Regierungskoalition, aber auch mit der Wirtschaft ab. Ein Vorteil, denn: „Der Anpassungsdruck für Alle gemeinsam ist hoch“, so der Spitzengast aus der Landespolitik unter Verweis auf Pandemie- und Kriegsfolgen für das Land sowie Defizite bei der Klima- oder auch der Einwanderungspolitik. Er verlange „mehr Mut, zuzuhören und auf Veränderungen zu reagieren anstatt darauf zu achten, wie man wahrgenommen wird“, so die Landespolitikerin mit kleiner Spitze auf den Regierungsstil in Berlin. Brems sprach auf Einladung der Landeshandwerksvertretung HANDWERK.NRW am Montag in Dortmund.
Die Fraktionschefin der GRÜNEN wies auf negative finanzielle Auswirkungen aus dem „Entlastungspaket III“ und dem Wachstumschancengesetz auf die Landesfinanzen hin – und auf eine entsprechende Notwendigkeit zu sparen und zu priorosieren. Als landespolitische Erfolge markierte Brems den vorgezogenen Kohleausstieg und einen „beschleunigten Einstieg in Erneuerbare Energien“, aber auch die Einführung der Meisterprämie. Brems kündigte eine Planungsbeschleunigung und weitere Erleichterungen des Übergangs von Schule in den Beruf an und verteidigte eine Industriestromreduzierung „für kurze Zeit von möglichst nur drei bis fünf Jahren“, bis der Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Gesetzgebung günstigere Strompreise ermöglichten. Brems sprach sich im übrigen für einen Abbau überflüssiger bürokratischer Belastungen und ein verändertes Verwaltungshandeln im Sinne von „Ermöglichen statt Bedenkenträgerei“ aus.
Der Präsident von HANDWERK.NRW Andreas Ehlert nutzte die Gelegenheit des Dialogs, um den Spitzengast für Auswirkungen aktueller gesetzgeberischer Initiativen in der Klima-, Subventions- und Bildungspolitik aufs Handwerk zu sensibilisieren und auf das immense Potenzial des Wirtschaftssektors zur Bewältigung der Transformationsaufgaben hinzuweisen. Es gelte, „alle Kreativität des Mittelstands zur Entfaltung zu bringen.“ Ehlert appellierte an die Landespolitikerin, die Einführung eines „Industriestrompreis für Wenige“ zu überdenken und „statt dessen gemeinsam an den Ursachen hoher Energiepreise zu arbeiten: Lassen Sie uns für alle Stromkunden darauf hinwirken, dass unnötig hohe Steuern und Entgelte reduziert werden. Sonst schaffen wir massive Wettbewerbsverzerrungen, die“ - so Ehlert – konkret zu Lasten des Handwerks gehen würden: „Etwa bei den Bäckern, für die Strom sich verteuern würde, um die Industrie-Subvention mitzutragen, die sich gleichzeitig aber in Konkurrenz zu den subventionierten Brotfabriken behaupten müssen.“ Ehlert warnte: „Wir trudeln derzeit in eine Planwirtschaft, die extrem teuer wird und die uns das Erreichen der Klimaziele erschwert!“ So dürfe es etwa in der kommunalen Wärmeplanung „keine Einschränkungen für die Wahlfreiheit der Verbraucher“ geben. „Die Vielfalt der Lösungen und das Zulassen von unplanbaren Innovationen sind der Schlüssel dafür, dass wir Klimaneutralität tatsächlich erreichen,“ betonte der Handwerkspräsident. Als Rezepte gegen die Krise der Bauwirtschaft und für eine Belebung der Baukonjunktur sprach sich Ehlert für eine merkliche Absenkung der Grunderwerbsteuer und die Einführung der Kleinen Borvorlageberechtigung für Zimmerer und Maurer aus. Ehlert mahnte außerdem verstärkte Qualifizierungsanstrengungen für NRW an. Es müsse „vom Kindergarten über die Schule bis hin zur tertiären Bildung in Hochschulen und beruflicher Bildung wesentlich stärker als bislang in die Köpfe junger Menschen investiert werden,“ gab der Präsident von Handwerk.NRW Andreas Ehlert dem Spitzengast aus der Landespolitik mit. Auf erschwerende Rahmenbedingungen für die private Versicherungswirtschaft ging seinerseits der „Hausherr“, Vorstandsvorsitzender der SIGNAL IDUNAS Gruppe Ulrich Leitermann, ein. Zahlreiche Beschwerden über eine wachsende Vorschriftendichte und teils inkonsistente Vorgaben, aber auch die Betonung der gemeinsamen Stoßrichtungen prägten die abschließende allgemeine Aussprache.
Im Veranstaltungsformat „Politik im Dialog“ treffen einmal im Jahr rund 100 Repräsentanten der nordrhein-westfälischen Handwerksorganisation zum Round-Table-Gespräch beim handwerksnahen Versicherer SIGNAL IDUNA mit hochrangigen Politikern und Experten anderer Berufszweige zusammen, um zentrale gesellschaftliche Fragestellungen grundsätzlich zu diskutieren. In den Vorjahren waren unter anderen Carsten Linnemann MdB, Prof. Dr. Michael Hüther und Parteienforscher Prof. Rudolf Korte Gäste des Austauschs mit der Landeshandwerksvertretung.