NRW-Handwerk rechnet für 2022 mit moderaten Umsatzsteigerungen
NRW-Handwerk rechnet für 2022 mit moderaten Umsatzsteigerungen
Präsident Ehlert: Fachkräftemangel, Inflation und Lieferkettenprobleme größte Konjunkturrisiken
Mitten in der fünften Corona-Welle ist die konjunkturelle Lage des nordrhein-westfälischen Handwerks sehr heterogen. Auf Grundlage der vorläufigen Daten der Handwerksberichterstattung für die ersten drei Quartale des Vorjahres rechnet Andreas Ehlert, Präsident von HANDWERK.NRW, über alle Gewerke mit einem nominalen Umsatzplus von etwa 2 %. „Die Lage der Branchen ist aber weiterhin sehr unterschiedlich“, erklärte Ehlert: „Das Baugewerbe boomt weiter und profitiert von einer hohen Nachfrage nach Bauleistungen. Auf der anderen Seite leiden die Lebensmittelhandwerke und die Personenbezogenen Dienstleistungen wie Kosmetiker und Fotografen jetzt wieder massiv unter den aktuellen Einschränkungen.“ Auch Lieferkettenprobleme und Preissteigerungen für Rohstoffe und Vorprodukte prägen derzeit die Handwerkskonjunktur. „Alles hängt mit allem zusammen. Auch dem primär auf die Binnennachfrage ausgerichteten Handwerk machen die Probleme im internationalen Warenverkehr und in der industriellen Produktion weiter zu schaffen“, erklärte Ehlert. Freihandel und offene Märkte seien auch für das Handwerk von entscheidender Bedeutung.
Für das kommende Jahr rechnet er mit einer nominal etwas höheren Umsatzsteigerung von etwa 3,5%. „Was das am Ende real bedeutet, ist angesichts der inflationären Tendenzen, die wir derzeit erleben, aber schwer abzuschätzen“, schränkte Ehlert ein. Die aktuelle Mischung von hoher Inflation, niedrigen Zinsen und ausgedehnter Staatsverschuldung sei für den Mittelstand eine schwierige Situation. Das gelte auch für die explodierenden Baupreise und Energiekosten. „Für Vorsorge und Vermögensbildung jedweder Art ist das eine denkbar schlechte Konstellation“, mahnte Ehlert und forderte die Rückbesinnung auf tragfähige Staatshaushalte ein. Viel hängt für das Handwerk auch davon ab, dass die Behinderungen durch die Corona-Pandemie bald nachlassen. „Es ist gut, dass jetzt die Quarantäne-Regeln für Geimpfte erleichtert wurden“, befand Ehlert. „Aber wir brauchen mehr Zug beim Thema Impfen – nach meiner persönlichen Auffassung auch durch eine rechtssichere Impfpflicht.“
Leicht rückläufig dürfte im vergangenen Jahr pandemiebedingt die Beschäftigung im Handwerk gewesen sein. In vielen Gewerken mit guter Umsatzentwicklung falle es schwer, genügend Fachkräfte zu finden. „Der Fachkräftemangel würgt das Wachstum im Handwerk ab“, so Ehlert. Dabei werde die Nachfrage nach Handwerkerleistungen in den nächsten Jahren noch zunehmen. „Für mehr Klimaschutz müssen wir viel mehr konkrete Maßnahmen in den Bereichen Gebäude, Energie oder Mobilität umsetzen als bislang. Dafür brauchen wir keine Mundwerker, sondern Handwerker, die anpacken,“ so Ehlert.
Die Zahl der Handwerksbetriebe ist in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr um über 1.000 auf knapp 196.000 angestiegen. Die Betriebszahlen bei den Berufen wie Fliesenleger oder Raumausstatter, für die seit 2020 wieder Qualifikationsvoraussetzungen erforderlich sind, gingen erwartungsgemäß zurück. Dafür gab es Zuwächse bei nicht zulassungspflichtigen Berufen wie den Fotografen, Kosmetikern sowie den Bodenlegern und beim Einbau von genormten Baufertigteilen, aber erfreulicherweise seit längerer Zeit erstmals auch wieder im Vollhandwerks-Beruf des Fleischers.